Karwoche und Ostern

Die Karwoche und das anschliessende Osterfest sind die zweite und die wichtigste Festzeit im Kirchenjahr. Ihr Zeitpunkt ist nicht direkt an das Kalenderjahr gebunden, sondern findet gemäss einer festgelegten Berechnung im Frühjahr im März oder April statt, am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Das Zusammenfallen von Ostern mit dem frühjährlichen Wiedererblühen identifiziert den Kreuzestod und die Auferstehung Christi in unseren Breitengraden mit den lebendigmachenden Kräften in der Natur.

Im Zentrum der Karwoche stehen das letzte Abendmahl und die Auslieferung von Jesus (Gründonnerstag), sein Kreuzestod (Karfreitag), die Grabesruhe (Karsamstag) und seine Auferstehung (Ostersonntag und -montag). In der Karwoche kumuliert die Passionszeit in der Erinnerung an die Ankündigung des bevorstehenden Todes von Jesus am Kreuz und an das letzte Passahmahl mit seinen Jüngern. Beides ist zugleich geprägt von der gesteigerten Erwartung auf die Überwindung des Leidens und des Todes in der Auferstehung.

Der Gottesdienst an Karfreitag war für die Reformierten lange Zeit der wichtigste Abendmahlsgottesdienst des Jahres, während in der römisch-katholischen Kirche an diesem Tag bewusst keine Eucharistie gefeiert wird. Hiermit wurden immer wieder auch konfessionelle Grenzen markiert. In jüngerer Zeit werden auch in reformierten Gemeinden am Karfreitag Kreuzwege veranstaltet, an denen unter Bezug auf das Leiden Jesu an das Leiden von Menschen gedacht wird.

Nach der Grabesruhe von Karsamstag, an dem keine liturgischen Feiern stattfinden, wechselt die Stimmung abrupt in der Osternacht. Viele Gemeinden feiern eine Osternachtfeier, entweder in der Nacht von Ostern oder als Feier am frühen Ostermorgen (vor Sonnenaufgang). Diese Feier wird oft als Tauferinnerungs- oder Tauffeier für Erwachsene gestaltet, um den Zusammenhang zwischen Auferstehung Christi und Taufe zu verdeutlichen. Der Sonntagsgottesdienst am Ostermorgen ist besonders festlich und sollte immer mit Abendmahl gefeiert werden.

Literatur

Matthias D. Wüthrich, Zur theologischen Bedeutung des Karfreitags im Kontext des reformierten Kirchenjahres, in: Matthias Zeindler, David Plüss (Hg.), “In deiner Hand meine Zeiten …” Das Kirchenjahr – reformierte Perspektiven, ökumenische Akzente, Zürich 2018, 95–112.

Matthias Zeindler, “Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden” (2 Kor 5,17). Ostern als Mitte des Kirchenjahrs, in: Matthias Zeindler, David Plüss (Hg.), “In deiner Hand meine Zeiten …” Das Kirchenjahr – reformierte Perspektiven, ökumenische Akzente, Zürich 2018, 113–130.