Taufe und Kindersegnung

Taufe

In der Taufe überschneiden sich ekklesiologisch-sakramentale und lebensweltliche, bzw. biographische Aspekte. Sie ist einerseits ein sichtbares Zeichen für das unsichtbare heilsame Wirken von Gott (Sakrament), andererseits eine Kasualfeier.

Die biblisch-exegetischen Grundlagen der Taufe sind vielfältig. Entsprechend verbinden sich mit der Taufe unterschiedliche Motive: In der Bewegung rund um Johannes den Täufer ist die Taufe ein Ritual, das die einmalige und radikale Neuausrichtung des Lebens zum Ausdruck bringt (Umkehr). Weitere wichtige Aspekte sind die enge Verbindung mit Christus, bzw. der Glaube an ihn, die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft aller Gläubigen, der Zuspruch der Gnade Gottes, die Absage an lebensfeindliche und böse Mächte und die Sünde, die Mitarbeit an Gottes heilsamem Wirken durch das eigene Leben.

Durch die Praxis der Kindertaufe wurde diese immer mehr zu einer Feier im Übergang, d.h. sie ist auch Kasualfeier und rite de passage: Sie thematisiert und verarbeitet die Geburt eines Kindes, die einen radikalen Einschnitt in das Leben als Paar und Familie bedeutet. Sie gibt Gelegenheit, der Dankbarkeit für das geschenkte Leben, über das Eltern nicht verfügen, Ausdruck zu verleihen. Angesichts der Ungewissheit, was die Zukunft dem Kind und seinen Eltern bringen wird, erlangt die Bitte um Segen, Schutz und Begleitung besondere Bedeutung.

Beide Aspekte, die Taufe als kirchlicher Ritus und als lebensbegleitendes Ritual, können in der konkreten Gestaltung der Tauffeier zuweilen in Spannung geraten. Wichtig scheint hier, dass die Bedürfnisse der Tauffamilien ernst genommen werden, dass aber die Bedeutung der Taufe als Zeichen der Zugehörigkeit zu Christus und der weltweiten Kirche als Kernelement des Rituals deutlich wird.

In der Bibel sind nur Erwachsenentaufen eindeutig belegt, weshalb die Kindertaufe immer wieder kritisch hinterfragt wurde. Manche kirchliche Bewegungen und Gruppierungen segnen deshalb die Kinder lediglich. Damit wird die bewusste Entscheidung zur Taufe betont. Die römisch-katholische und später auch die evangelisch-reformierte Tradition hingegen sehen die Möglichkeit vor, dass Kinder von Erwachsenen zur Taufe gebracht werden und ihre Taufe zu einem späteren Zeitpunkt (in der Konfirmation, bzw. in der Firmung) bestätigen. Diese Praxis betont stärker den Aspekt der von Gott geschenkten Gnade und seiner Zuwendung zu den Menschen. Dennoch kennen auch verschiedene reformierte Landeskirchen die Möglichkeit der Kindersegnung.

Um den Aspekt der Aufnahme in die Gemeinde und in die weltweite Kirche zum Ausdruck zu bringen, finden Taufen in der Regel im Gemeindegottesdienst statt.

Kindersegnung

Die Entscheidung zu Taufe oder Kindersegnung sollte in jedem Fall im Verlauf eines klärenden Gesprächs zwischen Pfarrperson und Eltern getroffen werden. Die Kindersegnung tritt auf Wunsch der Eltern in gewissen Situationen an Stelle der Taufe. Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur:

  • Die religiöse Unsicherheit der Eltern, etwa bei konfessions- oder religionsverschiedenen Paaren.
  • Die Eltern möchten mit der Taufe warten, bis das Kind selbst sich bewusst für die Taufe entscheidet.
  • Pflegeeltern möchten ein ungetauftes Pflegekind segnen lassen, weil die Zustimmung der leiblichen Eltern zu einer Taufe nicht eingeholt werden kann.

Gemeinsamkeiten der Kindersegnung mit der Taufe sind der Segenscharakter der Handlung und das Feiern mit der Gemeinde in einem Gottesdienst.
Dabei machen Änderungen in der Liturgie den Unterschied zur Taufe auch für die Gemeinde sichtbar:

  • anderer liturgischer Ort (Fürbitte- oder Sendungsteil) ,
  • anderer Ort in der Kirche (nicht am Taufstein),
  • keine Elternverpflichtung (obschon in einigen Kirchenordnungen vorgesehen),
  • keine Patenfunktion, kein Eintrag ins Taufregister, keine Taufurkunde.

Grundlagen und Literatur

Der Taufgottesdienst (A. Ehrensperger)

Manuela Liechti-Genge, Christoph Müller, Gottesdienst mit Taufe, in: David Plüss, Katrin Kusmierz, Matthias Zeindler, Ralph Kunz (Hg.), Gottesdienst in der reformierten Kirche. Einführung und Perspektiven, Zürich 2017, 243–261.

Christoph Müller, Taufe als Lebensperspektive. Empirisch-theologische Erkundungen eines Schlüsselrituals, Stuttgart 2010.

Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund (Hg.), Die Taufe in evangelischer Perspektive, Bern 2010. Download.

Taufbäume und andere Tauferinnerungsorte (J. Stückelberger) (Broschüre der Reformierten Kirche Aargau, 2015)